„Was ist Pluralismus?“, in: Wertepluralismus. Sammelband der Vorträge des Studium Generale der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg im Wintersemester 1998/99, Heidelberg: C. Winter, 1999, 9-23.
Der Egoist, so stellt Kant fest, prüft seine Urteile und seine praktischen Zielsetzungen nicht an den Urteilen und Zielsetzungen anderer. Der ‚Weltbürger‘ dagegen tut dies. Er prüft seine Urteile und seine praktischen Zielsetzungen an den Urteilen und Zielsetzungen anderer Menschen. Damit ist er, so Kant, ein ‚Pluralist‘. Ein Pluralist macht es sich also zur Regel, die eigenen Urteile und Zielsetzungen an den Urteilen und Zielsetzungen anderer Menschen zu prüfen. Der Pluralist, der Weltbürger oder die Weltbürgerin hinterfragt selbstkritisch, einfühlsam und lernwillig die eigenen Urteile und Zielsetzungen immer wieder, vergleicht sie mit den Urteilen und Zielsetzungen anderer Menschen und verändert sie gegebenenfalls. Diese Bestimmung von Pluralismus hat allerdings keine große Karriere gemacht. Wir können heute sehen, warum. Kants Bestimmung hat nämlich zwei Schönheitsfehler.