„Ökumene und Pluralismus“, in: International Journal of Orthodox Theology 3/1 (2012), 63-75.

Abstract

In diesem Aufsatz wird die Unterscheidung von Pluralität und Pluralismus im Kontext der „zunehmenden Pluralisierung unserer Gesellschaft“ erläutert. Pluralistische Gesellschaften entwickeln eine komplexe Struktur, in der weder die Politik nochdas Recht noch die Religion noch die Wirtschaft noch eine andere grundlegende und unverzichtbare Organisationsform der Gesellschaft sich zu der Supermacht aufschwingen kann, die alle anderen Organisationsformen und Lebenssphären dominiert. Der Respekt vor den verschiedenen Rationalitäten, vor den verschiedenen Werthierarchien und das Bemühen um eine polyphone Förderung des gemeinsamen Guten ist charakteristisch für pluralistische Konstellationen. In vielfältiger Weise ist der strukturierte Pluralismus in der Geschichte des Christentums und in den Ordnungen der christlichen Kirchen implementiert. Schon die Textur des biblischen Kanons weist ein pluralistisches Gefüge auf. Diese Mehrperspektivität dient der Wahrheitssuche und der Ausrichtung auf die Offenbarung Gottes, die in einzelnen Zeugnissen nicht angemessen und vollständig erfasst werden kann. Sie respektiert die Macht des göttlichen Geistes, die sich in der Gebrochenheit und der Polyphonie der menschlichen Zeugnisse immer neu im Selbsterweis der Wahrheit zur Geltung bringt. Der Verfasser analysiert die christologische, die schöpfungstheologische und die pneumatologische Dimension des Pluralismus und zeigt, dass der Pluralismus der Ökumene wertgeschätzt werden sollte.