„Geschichte erinnern – heilende und zerstörerische Formen der Erinnerung und des Gedächtnisses“, in: Sándor Fazakas u. Georg Plasger (Hg.), Geschichte erinnern als Auftrag der Versöhnung. Theologische Reflexionen über Schuld und Vergebung, Forschungen zur Reformierten Theologie 5, Neukirchen-Vluyn: Neukirchener, 2015, 149-160.
Jan Assmann hat den in den Religions- und Kulturwissenschaften verwendeten Terminus „Mythomotorik“ empfohlen, um die kollektiv moralische Stimmungen und Handlungs- oder Beschwichtigungsmotivationen erzeugende Kraft der Erinnerung zu verdeutlichen. Man wird nicht pauschal und a priori im Blick auf das heiße und das kalte Gedächtnis das eine Gedächtnis gut und das andere schlecht nennen können. Hoch problematisch, ja gefährlich ist ein Gedächtnis, das diffuse aggressive moralische Energien entfesselt, ebenso problematisch ist aber auch ein Gedächtnis, das Erinnerungen und moralische Imaginationen zu scharf koordiniert, sozusagen in umfassende gleichlaufende Schwingungen versetzt und massenhaft geteilte Stimmungen von Hass und Verzweiflung erzeugt.