Predigt in der Peterskirche zu Heidelberg, im Ökumenischen Gottesdienst am Sonntag Exaudi, 8. MAI 2016
Text: Die christliche Freiheit / „frei und gehorsam“
Die Predigten in den Heidelberger Universitätsgottesdiensten dieses Semesters stehen unter dem Rahmenthema: „Reformation: 1517 und heute“. Sie sollen zentrale theologische Themen der Reformation behandeln. Heute steht das Thema „Freiheit“ im Mittelpunkt unseres Nachdenkens.
Unter Freiheit verstehen viele Menschen eine relativ simple Willens- und Entscheidungsfreiheit: Habe ich nicht die Freiheit aufzustehen oder sitzen zu bleiben, jedenfalls, wenn ich gesund bin? Habe ich nicht die Freiheit, entweder Kaffee oder Tee zu trinken, jedenfalls in unseren Umgebungen? Doch bei der Freiheit geht um mehr als diese einfachen Entscheidungssituationen. Zeichnen sich unser Gehirn und unser Bewusstsein nicht durch eine erstaunliche Flexibilität ihrer Reaktions- und Anpassungsleistungen aus, was viele als Freiheit bezeichnen? Und verfügen wir Menschen nicht über geradezu atemberaubende Möglichkeiten, andere Menschen zu beeinflussen und uns von anderen beeinflussen zu lassen, was wir als Freiheit der Kommunikation und des sozialen Zusammenwirkens verstehen? Von den trivialsten
Entscheidungen bis hin zu komplexesten Reaktionen auf unsere Umgebungen und bis zu imposanten Netzwerken zwischenmenschlicher Interaktionen bietet sich uns doch geradezu ein Ozean menschlicher Freiheit. Wer wollte das bestreiten?
Martin Luther hat dies bestritten – und er hat mit seiner Lehre vom unfreien Willen zahllose Irritationen ausgelöst.