Predigt in der Peterskirche zu Heidelberg, am 2. Juni 2013 (1. Sonntag nach Trinitatis)
Text: Galater 3, 15-29
Hattest Du schon einmal ein Offenbarungserlebnis? Wurde Ihnen eine Offenbarung zuteil? Eine solche Fragen, liebe Gemeinde, berührt viele von uns heute eher peinlich. Was genau will diese Frage von uns erfahren, was will sie wissen? Natürlich erinnern wir uns alle an überraschende, völlig überwältigende Erlebnisse. Ein sternenklarer Nachthimmel, ein tief beglückendes Frühlingserwachen, erhebende Landschaftserlebnisse, spektakuläre Reiseerfahrungen kommen vielleicht in uns auf. Aber auch eine große Liebe unseres Lebens, den Beginn einer wunderbaren Freundschaft, die Geburt eines Kindes und viele andere Erfahrungen von Überraschung, Durchbruch, Wende und Glück können wir durchaus mit dem großen Namen Offenbarung verbinden. Bisher Verborgenes wurde uns erschlossen. Eine Macht oder Mächte jenseits aller unserer Vorstellungen gaben sich zu erkennen, ließen sich jedenfalls erahnen und spüren. Doch reicht dies alles schon an eine Erfahrung der Offenbarung – Gottes heran?
Hier unterscheiden und trennen sich die Gemüter. Manche unter uns tun sich leichter, in großen Erfahrungen der Natur, des Kosmos und des zwischenmenschlichen Lebens Verweise auf die Macht des Göttlichen zu sehen. In fundamentalistischen Kirchen, unter Menschen, die sich stolz „reborn Christians“ nennen, in Zeiten und Gegenden, in denen man sich traut, von „Vollmacht über die unreinen Geister“ zu sprechen, da mag die Rede von Offenbarungserfahrungen mit Gott leichter über die Lippen gehen. In unseren aufgeklärten Lebenskontexten gehen viele Menschen dazu eher auf Distanz – oder aber sie halten sich an anerkannte und bewährte Offenbarungszeugen, sozusagen an Klassiker der Offenbarungserlebnisse. Und ein solcher Klassiker ist der Apostel Paulus.